Von Menschen, die gescheit genug waren,  sich im richtigen Moment dumm zu stellen – und es leider auch blieben.

Von Menschen, die gescheit genug waren, sich im richtigen Moment dumm zu stellen – und es leider auch blieben.

3. März 2019 0 Von Helmut Wittmann

 

Wer kennt denn die Sinflinzinger? – Wenn, dann sind sie am ehesten noch einigen wenigen Innviertlerinnen und Innviertlern bekannt. Im Innviertel erzählen einige Sagen von ihnen. Im »Hoamatland«, dem Regional-Magazin der »Oberösterreichische Nachrichten« ist dieser Beitrag aktuell zu lesen – und auch hier in voller Länge:

Schildbürger sind wohlbekannt. Sie gelten als Inbegriff von Dummheit und Narretei. Ihre Vorgänger sind die Lalen. Das »Lalen-Buch«, ein Volksbuch aus dem Jahr 1597, erzählt von ihnen. Untertitel: »Wunderseltsame, abenteuerliche, unerhörte und bisher unbeschriebene Geschichten und Taten der Lalen zu Laleburg«.

Ursprünglich waren die Leute von Laleburg weitum für ihr Wissen und ihre Weisheit bekannt. Deshalb wurden sie von Kaisern und Königen als Ratgeber an ihre Höfe geholt. Das wiederum gefiel den Frauen der Lalen gar nicht. Die Männer waren tagein, tagaus weiß-Gott-wo, und sie, die Frauen, mussten schauen, dass sie zuhause mit den Kindern und der ganzen Wirtschaft zurechtkamen. Freilich verdienten die Männer an den Herrscherhöfen gut. Aber Geld ist eben nicht alles. Und weil auch die Frauen der Lalen gescheit und verständig waren, drum dachten sie sich eine List aus. Frei nach dem Motto:

»Gut Ding braucht Zeit und zwar recht viel.
Erst wäg‘s, dann wag‘s: Du triffst das Ziel.
Zu große Eil ist niemals gut,
weit kommt auch, wer‘s gemächlich tut.«

Sie wußten, dass die Männer den Machthabern nicht einfach den Dienst verweigern oder von Haus aus absagen konnten. Deshalb schlugen sie den Männern vor, sich einfach dumm zu stellen. Die Idee gefiel den Männern. Auch sie hatten das Leben fern von zuhause satt. Also stellten sie sich dumm. Und weil sie gescheit waren, drum konnten sie auch das Dummstellen wirklich gut. So gut, daß es ihnen in Fleisch und Blut überging. Es  dauerte nicht lang, dass die Lalen einer nach dem anderen entlassen wurden. Vergnügt zogen sie wieder nach Hause.

Nur – es war wie verhext – zuhause konnten sie sich nicht mehr umstellen. Sie blieben dumm. Eine Verrücktheit folgte auf die andere. Im Lalebuch ist das alles dokumentiert.

Nicht dokumentiert ist, dass es offenbar eine Gruppe von Lalen ins Innviertel verschlug. Hier werden diese Leute Sinflinzinger oder auch Himmelschauer genannt.
Einmal, so heißt es, ging einer aus dem Haus und hatte dabei den Rock falsch zugeknöpft. Ein anderer Sinflinzinger kam ihm entgegen und sah sofort, dass unten ein Knopfloch frei war und oben ein Knopf zu viel. »Das ist sicher die neueste Mode«, sagte er sich. Gleich knöpfte er auch seinen Rock verkehrt. Seither, so heißt es, knöpfen die Sinflinzinger ihre Röcke immer nach der neuesten Mode.

Eine sehr fromme Sinflinzingerin litt einmal unter großer Not. So stellte sie ein großes Milchhäfen mit ein wenig Milch auf den Ofen und betete inbrünstig: »Herr, vermehre sie! Herr, vermehre sie!« Die Milch wurde heiß. Sie begann zu kochen und ging schließlich über. »Oh, Gott, oh, Gott!« rief da die Frau, »Lass‘s guad sein. So vü brauch i a wieda net!«

Einmal kam ein Sinflinzinger recht spät heim zum Essen. »Jetzt såg einmal, Mann«, fragte da die Frau, »warum kimmst denn du heut‘ gar so spåt?« –  »Ach, Frau«, hat der gesagt, »du woaßt doch, dass wir morgen nach Altötting auf Wallfahrt gengan. Des is a weiter Weg. – Da håb i ma denkt, geh i heut schau a weng wås vor, dann brauch i morgen net so weit hatschn. Und so bin i glei a schens Stückl hievier gaunga.«

Das gefiel der Frau. Und den anderen auch. So gingen sie alle – wie der Mann – drei Stunden voraus, Richtung Altötting und drei Stunden wieder zurück. »So«, meinten sie dann, »heut‘ wår‘s stark, aber dafür brauch‘ ma uns morgen net a so schind‘n!«